Reiches Land - Arme Leut

Auch wenn Österreich als eines der reichsten Länder der Welt gilt, sind doch viele Menschen in unserem Land auf gespendete Lebensmittel angewiesen. Seit kurzem fährt ein mobiler Sozialmarkt Woche für Woche dorthin, wo sich die Armut versteckt – in ländliche Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit.
„Ohne uns hätten viele ein paar Tage lang nichts zu essen!“, erzählt Daniela Vogel. Die allein erziehende Mutter von drei Kindern ist eine der Verkäuferinnen, die den Sozialbus tagaus tagein durch die Kleinstädte des Waldviertels steuern. Viele Soma-KundInnen würden sich vor Nachbarn und Bekannten für ihre Armut schämen, sagt Frau Vogel. Deshalb hält der Soma-Bus nie im Stadtzentrum, sondern immer an einem Platz, der nicht so leicht sichtbar ist. „Ich kann das gut verstehen. Als ich keine Arbeit hatte, wäre ich auch lieber unterirdisch gegangen…“
Mit neuen Arbeitsplätzen ist in einer Grenzregion wie dem Waldviertel kaum zu rechnen. Fabriken wandern ab, junge Leute ziehen weg, Schulen, Geschäfte und Gasthäuser sperren zu. Von den Zurückbleibenden ziehen sich viele mit ihren Problemen zurück.
Aber nicht alle Armen resignieren. Der Tischler Martin Bottensteiner ist seit einem Jahr arbeitslos und muss mit weniger als fünfhundert Euro auskommen. Aber mittlerweile hat er sich mit anderen Bedürftigen zusammengetan, die zwar wenig Geld haben, aber bereit sind, einander zu helfen. Jeder wie er eben kann. Gemüse und Brot kauft auch Herr Bottensteiner beim mobilen Sozialmarkt. „Ich bin froh, dass ich nicht so wie Andere in Mistkübeln stieren muss“, sagt er.Dass Armut kein Schicksal sein muss, davon ist auch der Unternehmer Heini Staudinger überzeugt. In seiner Waldviertler Schuhfabrik beschäftigt er ArbeiterInnen, die bei anderen Textilbetrieben gekündigt wurden. Das Geld für seine neue Fabrikshalle hat er sich bei seinen Kunden ausgeborgt. Die ArbeiterInnen bekommen außer ihrem Lohn auch Lebensmittel aus der Region. Damit hilft Staudinger kleinen Bauern in der Region zu überleben.Mehr zusammenhalten und sich nicht gegeneinander ausspielen lassen, das ist auch für die Soma-Verkäuferin Daniela Vogel das beste Rezept gegen die Krise. Nach längerer Arbeitslosigkeit hatte sie für kurze Zeit einen gut bezahlten Job in einem Wettbüro. Doch als sie mitbekommen hat, wie viele Familien durch Wetten und Glücksspiel erst recht in Schulden stürzen, musste sie diese Arbeit aufgeben. An der Not Anderer verdienen – das wollte sie nicht. Die Arbeit beim fahrenden Sozialmarkt bringt zwar weniger Geld, aber dafür bekommt sie das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun.(Eine Reportage von Christian Schüller und Werner Ertel)